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Bilderbuch ab 7 Jahre: Rian Visser - Theodor trödelt

Foto: W. Bönisch
Inhalt:
Theodor trödelt herum, vor allem früh, wenn er sich anziehen soll. Da will er am Klavier noch das eine Lied singen oder seine Autos in den Schrank aufräumen. Natürlich ist die Mutter nicht begeistert, denn so werden sie nicht pünktlich in die Schule kommen. Und da passiert es. Eines Tages kommt Theodor zu spät, was überraschende Folgen hat.

Rezension zum Kinderbuch:
Wann hat man Zeit? Darüber haben Kinder und Eltern sehr oft ein gegensätzliches Verständnis, die mit Ermahnungen der Letzteren beginnen und - wenn beide nicht aufpassen - in kleinere und größere Konflikte enden. Eltern stehen vor allem morgens unter einem strikten Zeitplan: anziehen, waschen, frühstücken, Frühstückstisch abräumen und den Bus erreichen, um rechtzeitig im Kindergarten, in der Schule oder auf Arbeit zu sein. Dagegen fällt den Kindern noch ein, daß sie gerne malen würden oder einen Turm bauen. Ach, die Tasche ist ja auch noch nicht gepackt.
Genau so ergeht es Theodor bzw. seiner Mutter. Die Mutter will los, Theodor muß in die Schule und ihm fallen noch zig verschiedene Dinge ein, die er unbedingt erledigen muß. Nur haben sie eben nichts mit den Verpflichtungen am Morgen zu tun. Natürlich ist da Theodors Mutter ungehalten. Eines Morgens passiert es, Theodor kommt zu spät in die Schule mit ungeahnten Folgen, denn dank seines Zuspätkommens findet er Herrn Vogel bewußt los. Kann er ihm sein Leben noch retten?
Foto: W. Bönisch

Kinder haben ein anderes Zeitgefühl

Rian Visser nimmt gekonnt das unterschiedliche Zeitgefühl von Kind und Eltern zum Anlaß für ihr Bilderbuch, das überraschend endet. Die Geschichte beginnt stark. Treffend gelingt es ihr, das Bummeln von Theodor und die Reaktion der Mutter darzustellen. So viele Dinge sind für den Jungen spannender als das rechtzeitige Aufbrechen in den Tag. Unerwartet schafft sie es, dann im zweiten Drittel des Buches eine überraschende Wendung in den Plot einzubauen. Dank seiner Langsamkeit findet Theodor den bewußtlosen Herrn Vogel. Schnell folgt jetzt das Ende. Es bleibt das Gefühl über, daß die Geschichte irgendwie abbricht. Ist sie im ersten Teil fast zu ausführlich, verliert sie sich in zu vielen Beispielen für Theodors Trödelei, so wirkt das Ende in ein, zwei Szenen erzählt sehr stakkatoartig. Hier hätte mehr Ausgleich zwischen den Teilen her, um diesen Eindruck zu vermeiden.
Zudem läßt der Schluß zumindest den Erwachsenen Leser unbefriedigt zurück. Denn Theodor trödelt auch am Ende, und die Mutter zeigt die gleiche Reaktion. Das eigentlich wichtige Ereignis im Plot wirkt nicht wirklich auf die Figuren und ihr Verhalten ein.
Visser wählt einen einfachen Sprachstil, um die Geschichte zu erzählen. Kurz Sätze, viel Dialog. So ist das Buch auch für Leseanfänger gut geeignet.

Kräftige Farben bei den Illustrationen

Noelle Smits farbenstarke, realitätsnahe Illustrationen helfen dem Buch für einen positiven Eindruck ungemein. Sie wählte Tiere als Figuren, die in ihren Verhalten und Handlungen menschlich dargestellt werden. Jedoch leben die Tierfiguren nicht in menschlichen Zuhause, sondern in einer Mischung zwischen Menscheneinrichtung und Natur. Da besteht Theodors Zimmer aus einem mit Tüchern am Baum aufgehangenen abgetrennten Bereich.
Foto: W. Bönisch
Reduziert sind die Hintergrunddetails. Smits hat sie soweit eingebaut wie nötig, um den Ort der Szene zu erkennen. Anknüpfend an die Tiersymbolik wählte sie die Tierarten aus, mit denen man bestimmte Eigenschaften verbinden würde. So ist Theodor ein Igel, die Lehrerin ein Biber.
Ab und zu spielt Smits mit der Perspektive um Emotionen der Figuren nicht nur über Gestik und Mimik auszudrücken. Wenn Theodor am Tor zum leeren Schulhof steht und am Rande man nur noch das Kleidzipfel der Mutter erkennt, spürt man fast körperlich seine Verwunderung.
Jedoch die sehr kräftige Farbwahl in Kombination mit dem feinen Illustrationsstil gibt den Bildern eine starke Ausstrahlung. Hier ist Smits wirklich etwas Bezauberndes gelungen.
Rian Vissers "Theodor trödelt" wäre eigentlich ein schönes Bilderbuch. Nur endet die Geschichte unbefriedigend. Viel gleicht am schwachen Ende des Plots die starken Bilder der Illustratorin Noelle Smits aus. Daher empfehle ich das Buch nur mit Einschränkungen.
Bibliographische Angaben zur Bilderbuch-Rezension:
Rian Visser: Theodor trödelt
Tulipan Verlag, Berlin 2009
ISBN: 978-3939944270
Illustration: Noelle Smit
Übersetzung: Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik
Ausstattung: 32 Seiten, Hardcover
Preis: 12,90 €
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: ab 7 Jahre


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Kommentare

  1. Die Bilder, die man hier schon mal sehen kann, sind aber wirklich sehr süß!

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  2. Nach meinem Geschmack "retten" sie das Buch.

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