Inhalt:
Mimi und ihre Familie bekommen Besuch von Tante Kunigunde und Onkel Adalbert. Doch warum nennen sie Mimi Prinzessin, Engel oder Mäusezähnchen? Wissen die Erwachsenen nicht mehr, wie Mimi wirklich heißt? Da reißt Mimi der Geduldsfaden.
Rezension:
Mäuschen ist wohl eines der beliebtesten Kosewörter für Kinder. Die Verniedlichungsformen sind mündliche Schmuseeinheiten für Kinder. Doch wann werden sie genutzt? Und welches Verhalten des Kindes bzw. Erwartungshaltung des Erwachsenen wird daran geknüpft? Mit diesen Fragen sind wir gleich beim Bilderbuch "Ich bin Mimi!" von Petra Steckelmann, das 2019 bei Edition Pastorplatz erschienen ist.
Mimi, 5 Jahre alt, und ihre Eltern werden von Tante Kunigunde und Onkel Adalbert besucht. Die Eltern sind wenig begeistert, zeigen aber ein gegensätzliches Verhalten zum Besuch. Mimi versteckt sich, aber recht schnell findet die Tante sie. Nun wird Mimi mit allerlei Kosewörtern wie Engel, Mäusezähnchen, Prinzessin belegt. Doch warum nennen die Erwachsenen sie ständig so? Wissen die Erwachsenen nicht mehr, wie Mimi wirklich heißt? Da reißt Mimi der Geduldsfaden.
Petra Steckelmann, die die Geschichte sehr lebendig erzählt und gleich auf den Punkt kommt, kritisiert weniger das Verwenden von Kosenamen, als viel mehr die Situationen und überzogenen Erwartungen der Kinder. Denn schnell wird klar, daß die Erwachsenen nicht MIT Mimi reden, sondern ÜBER sie. Sie übergehen Mimi. Die Kosenamen wechseln im Sauseschritt, denn sie drücken keine Zuwendung, sondern eine übertriebene Erwartung, vor allem der älteren Generation, aus. Daß da ein Unwohlsein bei den Kindern entsteht, ist kein Wunder.
Daß solche Bezeichnungen auch zwischen Erwachsenen eine Abwertung sein können, zeigt die Einstiegsszene sehr trefflich. Gleich ist klar, wohin die Reise geht, was keineswegs fürs Buch nachteilig ist. Kinder, die sehr wohl diese Situation selbst erlebt haben, können sich da recht gut in Mimi hineinversetzen. Mimi macht ihnen Mut, sich selbst zu zeigen, die Grenzüberschreitung zu benennen.
Bilder mit Pfiff
Ohne Zweifel sind die Illustrationen von Mele Brink, die das Buch auszeichnen. Sie geben der Geschichte erst den richtigen Drall. Denn Mele Brink nimmt den Text recht wortwörtlich. Da wachsen Mimi Flügel, wenn sie als Engel bezeichnet wird, oder die Zähne werden zu Mäusezähnen. Jede Kosenameneigenschaft behält sie, so drückt Brink die Zuspitzung und letztlich auch Wut Mimis aus.
Der Humor trägt übrigens das ganze Buch. So deutet Brink schon mit kleinen Details an, wie die Geschichte weitergeht. Das merkt jedoch erst der aufmerksame Betrachter.
Genial ist auch, wie Brink den Figuren im Äußerlichen ihren Charakter sichtbar macht. Onkel Adalbert sieht einfach so verknittert aus, daß er unsympathisch ist.
Mit dem Bilderbuch "Ich bin Mimi!" zeigt Petra Steckelmann den Erwachsenen, nicht über Kinder, sondern mit ihnen zu reden. Den Kindern macht sie Mut, nicht jede übergriffige Bemerkung über ihre Person von den Erwachsenen ohne Widerspruch hinzunehmen. Doch die Illustrationen von Mele Brink sind die Stärke des Kinderbuches, ja der Kracher schlechthin. Absolut auch für die Arbeit im Kindergarten zu empfehlen!
Bibliographische Angabe zur Bilderbuch-Empfehlung:
Petra Steckelmann, Mele Brink - Ich bin Mimi!
Edition Pastorplatz, Aachen 2019
ISBN: 978-3943833300
Illustration: Mele Brink
Ausstattung: 34 Seiten, Hardcover
Preis: 14 €
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: ab 3 Jahre
Direkt beim Verlag bestellbar oder überall im Buchhandel erhältlich.
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