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Retro ist trendig

Als ich nächtens über meine zwei Tage auf der Leipziger Buchmesse nachsinnte (hach, war sie schön), fiel mir ein Punkt plötzlich mit aller Deutlichkeit auf: Es gibt einen Retro-Trend bei den Kinderbüchern, der begeistert vom Publikum aufgenommen wird.
Eine erste Vermutung ob des Neudrucks alter Kinderbücher hatte ich als Bauchgefühl, als ich im Sommer letztes Jahres "Schrubbkatrinchen" von Elfriede Mund hier im Blog vorstellte. Es erschien 1974 das erste Mal, vor über 40 Jahren hielten Kinderhände das Pappbilderbuch schon einmal in den Händen.
Nun auf der Leipziger Buchmesse 2015 wurde mir der Trend zur Neuauflage alter Kinderbücher schlagartig klar. BELTZ publiziert mit dem Kinderbuchverlag alte DDR-Geschichten neu. Der Stand, günstig gleich am Halleneingang gelegen, war überrannt. Überall hörte man, "oh, kennst Du das noch?", in 90 % der Fälle aus Müttermündern ab 35 Jahre aufwärts. Die Bücher wurden mit leuchtenden Augen in die Hand genommen, aufgeregt angeschaut und kritisch beäugt: mal stießen sie auf Zustimmung, dann wieder auf Kommentare wie "die Farben hatte ich anders in Erinnerung". Die junge Frau mit dem gelben T-Shirt und der Aufschrift "Service Messebuchhandlung" hatte genug mit dem Verkauf zu tun.

BELTZ hat mit seinem Kinderbuchverlag einen Nerv der Zeit getroffen, den andere Kinderbuchverlage auch erkennen.
Der Weimarer Knabe-Verlag ist seit einem Jahr wieder am Publizieren und startet zum großen Teil mit Neuauflagen seiner alten Backlist. Vor über 30 Jahren wurde vom Vater des jetzigen Verlegers das letzte Buch veröffentlicht. Nach seinem Tode schloß der Verlag, sein Sohn geht den mutigen Schritt des Neuanfangs.
Am erfolgreichen Alten knüpft auch der Leipziger Kinderbuchverlag an. Hier sind es weniger Neuauflagen als vielmehr das Instrument, bekannte Kinderbuchfiguren zu neuem Leben zu erwecken, auch wenn der Illustrator längst verstorben ist. Der Maulwurf und seine Freunde kann man sogar in Wimmelbüchern treffen.

Warum sind die Neuauflagen der Renner?


Kinderbücher werden über die Eltern verkauft. Sie sind der Torhüter zum Regal im Kinderzimmer. Was Eltern gut finden, bekommen Kinder in die Hand. Gleiches gilt im umgedrehten Fall. Nun ist eine Elterngeneration herangewachsen, die teilweise ihre Kinderbucherfahrung in einem anderen Staat gesammelt hat. Sie kennen die kleine Raupe Nimmersatt nicht. Da spielten eher "Zilli, Billi und Willi" eine Rolle oder "Der kleine Angsthase". Es ist eine ganz andere Kinderbuchkultur, aufgeladen mit eigenen Erinnerungen (Krippe). Wenn dies Mütter- und Großmüttergeneration ihre eigenen Kinderbücher in der Hand halten, erleben sie für einen kurzen Augenblick ihre Kindheit wieder, weil es diese Bücher bis vor einiger Zeit nur antiquarisch gab. Sie möchten dieses Stück Kindheitserinnerung an ihre Kinder weitergeben. Die Verlage haben den Trend erkannt und publizieren entsprechend.
Es wird in 5-10 Jahren interessant zu sehen sein, welche Erinnerungskinderbücher dann von den Eltern gekauft werden. Denn selbst ich, DDR-Kind und Jahrgang 1981, kann mich nur vereinzelt an einzelne alte Kinderbücher erinnern.

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