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Ab 7 Jahre: Rusalka Reh - Sommer auf Balkonien

Foto: W. Bönisch
Inhalt:
Die beiden Geschwister Pontus und Lenka bleiben in ihren Sommerferien zu hause. Ihre Eltern überlassen ihnen den Balkon, auf dem sie ihr eigenes Reich einrichten: viele Pflanzen, eine große Hängematte, Sitzkissen und ein Nacktengel. Wird es ihnen in den Sommerwochen dort langweilig? Nein, mitnichten. So vieles gibt es zu entdecken und dann muß noch der Angriff des Nachbarjungen abgewehrt werden. Es wären schöne Wochen, wenn nicht ständig ihre Eltern streiten würden. Können die beiden Kinder sie wieder zueinander bringen?


Meinung:
Sommer - lauer Nächte - Ferien. Die Eltern als Freischaffende können keine Urlaubsreise machen. Um den Kindern dennoch schöne Ferien zu bieten, überlassen sie ihnen den Balkon. Die beiden Geschwister, der achtjährige Pontus und die sechsjährige Lenka, gestalten dort mit vielen Pflanzen, einer Hängematte, Sitzkissen und einem Nacktengel ihr eigenes Reich. Sie werden König und Königin. Ihre Nachbarin spielt mit, schenkt ihnen einen Nacktengel. Es wären schöne Ferien, wenn sie nicht ständig den Streit der Eltern erleben müßten. Der Balkon wird zu ihrem behütetem Schutzraum, die elterliche Wohnung stellt die unglückliche Realität dar. So ist es kein Wunder, daß sie eines Tages auch die Nacht in ihrem kleinen Paradies verbringen.
Sommer auf Balkonien weckt schon vom Titel her Sehnsüchte und Lust aufs Schmökern. Bilder eines Paradieses im Grünen mit warmen Sommertagen, gewisser Trägheit und lauen Nächten flimmern auf. Die Buchidee verlockt sehr, macht neugierig auf die Erzählung. Rusalka Reh arrangierte sie nett, schafft genau so eine Atmosphäre, wie der Titel assoziiert.
Foto: W. Bönisch
Nur gibt es hier und da im Plot Elemente, die einen doch enttäuschen. Auffällig will Reh die beiden konträren (Stimmungs-)Räume - lieblicher Ort auf dem Balkon versus aufgeladene Stimmung in der elterlichen Wohnung - gestalten, sie schafft es zum Großteil auch. Nicht nur beschreibt sie die unterschiedliche Ausstattung der (realen) Räume, sondern zeigt die Unterschiede in der Sprache der Kinder auf. Auf dem Balkon wechseln die Geschwister in eine majestätische Sprache. Die Idee ist an sich nett, nur geht sie vor allem bei dem Mädchen völlig an der Realität vorbei. Ein sechsjähriges Mädchen wird keineswegs so eine ausgewählte Sprache mit entsprechenden Wörtern sprechen! Auch ihre Einfälle, Gedanken passen nicht zu ihrem Alter. Man vermutet fast eine erwachsene, fantasiebegabte Frau in einem Mädchenkörper. Hier übertreibt die Autorin so immens, daß es nicht mehr glaubwürdig ist. Vor allem erhöht sich diese Übertreibung in den Handlungen  mit ihrem Bruder, der sich wie ein Achtjähriger benimmt und dabei so manches Mal gegenüber der jüngeren Schwester kindlicher wirkt.
Fantastisch ist die Sprache der Autorin. Da werden Insekten zu Flugäffchen, die Nachbarin ist die Königin der Vereinigten Salatigen, weil sie einen grünen Daumen hat. Konsequent zieht Reh ihre Sprache im Buch durch: manchmal fasziniert es, manchmal nervt es. Etwas sommerträge ist die Handlung, selbst Aktionen wie der Angriff des Nachbarjungen wirken recht unbeweglich.
Anne Ibelings hat das Buch illustriert, indem sie Elemente der einzelnen Kapitel mit Bleistiftzeichnungen auflockert. Sie sind real gehalten.
In der Buchidee steckt sehr viel charmantes. Jedoch hinterläßt die Übertreibung bei den beiden Kindern einen zwiespältigen Eindruck. Letztlich wirkt das Buch etwas hochsommerlich träge, auch wenn man sich in das grüne Paradies auf Balkonien gut hineinversetzen kann. Letztlich ist es für die Zielgruppe recht anspruchsvoll.
Rusalka Reh: Sommer auf Balkonien
Jungbrunnen Verlag, Wien 2014
ISBN: 978-3702658595
Ausstattung: 112 Seiten
Illustration: Anne Ibelings
Preis: 14,95 €
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: ab 7 Jahre

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